Der arme Taxifahrer


So. Meine Tochter wird nun um 8 ins Bett gebracht und schläft dann 12 Stunden. Das macht mein Leben besser, unter Anderem kann ich wieder in meinen Blog schreiben, da ich mehrere Gedanken nacheinander fassen und notieren kann. Außerdem kann ich nun abends wieder ausgehen, denn einen Notfallschnuller kann ja jeder mal in das Kind stopfen, falls es aufwacht. Diese neu gewonnene Freiheit brachte mich gestern auf die Weihnachtsfeier meiner Firma. Mit dem Taxi. Über den Taxifahrer, der die Hausnummer am falschen Ende der Straße wähnte und deshalb einen Riesenumweg fuhr, für den er statt sich bei mir zu entschuldigen die arme Straße verantwortlich machte, weiß ich nun Folgendes:

  • Seine Mutter liegt im Sterben
  • Sein Sohn ist 17 und missraten
  • Das liegt an seiner fürchterlichen Exfrau, die ihm alles durchgehen lässt. Sogar, dass er die Schule nun ohne Abschluss verlässt, obwohl er einmal ein guter Gymnasiast war.
  • Sie ist auch Schuld daran, dass der Junge die falschen Freunde hat. Dafür hat er nämlich ein Händchen. Deswegen nimmt er nun Drogen und muss von Polizeiwachen abgeholt werden.
  • Im Krankenhaus um die Ecke hat er ein Praktikum gemacht, ist aber rausgeflogen, weil er ausnahmsweise einmal den Rat seines Vaters befolgt hatte (zeige Interesse!) und ständig in die Visite hineinquatschte. Das kann ja auch nichts werden.
  • Eigentlich hat der Sohn bei seiner Mutter gelebt aber die ist nun einfach weggezogen. Er, der Taxifahrer, muss nun auslöffeln, was sie alles vermasselt hat.
  • Ganz spontan und ohne Vorankündigung hat ihn heute auch noch seine Freundin verlassen und ist lesbisch geworden.

Lieber Taxifahrer, ich möchte Dir zurufen:

  • Dein Sohn ist ganz prima, jeder normale Mensch gerät unter solchen Umständen ins Wanken!
  • Wenn Du an Deinen Sohn nicht glaubst, wird er noch 1000 mal irgendwo rausfliegen. Aber gut, dass Du selbst es so wahnsinnig weit gebracht hast! Sicher ist Dein Sohn ganz neidisch auf seinen Super-Vater!
  • Es ist nicht der Fehler der Straße, dass Du keine Ahnung hast, wo Nummer 53 ist und von welcher Seite man heranfahren muss. Es ist Dein Job, dies zu wissen oder rechtzeitig herauszufinden. Ich bezahle Dich dafür.
  • Das mit Deiner Mutter tut mir Leid, vermutlich ist sie der letzte Mensch auf Erden, der Dich liebt.
  • Ich glaube, wenn ich längere Zeit mit Dir zusammen wäre, würde ich durchaus auch mit dem Gedanken spielen, meine lesbische Seite zu entdecken. Vorsichtshalber.

Ein bisschen was davon habe ich ihm gesagt, zum Beispiel dass er an seinen Sohn glauben soll. Ich fand, der arme Junge brauchte einen Fürsprecher und ein bisschen Super Nanny steckt halt auch in mir.

So, und zum Abschluss hier ein Artikel in ZEIT ONLINE über Frankfurter Taxifahrer, er hat für mich etwas Tröstliches. In der selben Rubrik gibt es ein paar Artikel über die Super Nanny. Ich stelle fest, dass mein Leben GANZ dicht dran ist am Puls der Zeit. (Artikel).

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